Abschlusserklärung zum Haushalt 2017

der Fraktion DIE GRÜNEN anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes in der Ratssitzung am 21.11.2016, Regina Wittmann, Fraktionssprecherin (Redemanuskript, es gilt das gesprochene Wort.) Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,werte Kolleginnen und Kollegen Stadtverordnete, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Bei der letzten Kommunalwahl haben wir uns für mehr Bürger*nnenbeteiligung eingesetzt und siehe da, immer häufiger wird inzwischen dazu eingeladen – man muss nur hingehen! Dabei ist Beteiligung häufig gerade bei Projekten fest vorgesehen, die finanziell gefördert werden. Ein Beispiel: Vorletzte Woche hatte ich das große Vergnügen, mich im Place 2 Be – übrigens auch ein Beteiligungsprojekt – mit Ideen zur Durchgrünung von Alt-Oberhausen einbringen zu dürfen. Gut und schön, warum erzähle ich dies hier und dann noch zu Beginn der Haushaltsrede? Grünflächen – das ist natürlich etwas für die Grünen…

24.11.16 –

der Fraktion DIE GRÜNEN anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes in der Ratssitzung am 21.11.2016, Regina Wittmann, Fraktionssprecherin
(Redemanuskript, es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen Stadtverordnete,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Bei der letzten Kommunalwahl haben wir uns für mehr Bürger*nnenbeteiligung eingesetzt und siehe da, immer häufiger wird inzwischen dazu eingeladen – man muss nur hingehen! Dabei ist Beteiligung häufig gerade bei Projekten fest vorgesehen, die finanziell gefördert werden. Ein Beispiel: Vorletzte Woche hatte ich das große Vergnügen, mich im Place 2 Be – übrigens auch ein Beteiligungsprojekt – mit Ideen zur Durchgrünung von Alt-Oberhausen einbringen zu dürfen. Gut und schön, warum erzähle ich dies hier und dann noch zu Beginn der Haushaltsrede? Grünflächen – das ist natürlich etwas für die Grünen…

Für das Projektgebiet „Soziale Stadt - Innenstadt Alt-Oberhausen“ wird momentan ein Konzept zur Entwicklung „klimarelevanter Grünstrukturen“ erarbeitet. Während hier fassbare kleinteilige Projekte quasi „vor der Haustür“ entwickelt werden, die das Wohnumfeld verbessern, steht dahinter die Erarbeitung ganz konkreter Antworten auf drängende Zukunftsfragen. Denn die Folgen des Klimawandels werden auch in Oberhausen spürbarer. Nach Ela 2014 kamen Starkregenereignisse. Der Bedarf an vorsorgendem Handeln ist nicht nur aus Gründen des Schutzes der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch aus ökonomischen Gründen erforderlich. Was können wir jetzt tun, damit Oberhausen zukünftig gut vorbereitet ist? Welche Datengrundlagen und Modelle benötigen wir dafür? Die dafür erforderliche wertvolle Expertise wird uns in diesem Fall durch Mittel der Städtebauförderung ermöglicht. Und machen wir uns nichts vor: Hier spielt die Musik - regional, national und auf EU-Ebene. Mit schlüssigen, zukunftsfähigen Projekte behaupten wir uns im Wettbewerb mit anderen Kommunen, denn dies ist in unserer Zeit vielfach der Mechanismus, um öffentliche Mittel zu verteilen. Für uns in Oberhausen haben diese Fördermittel noch eine besondere Bedeutung: Indem wir Fördermittel einwerfen, werden wir häufig erst in die Lage versetzt, wichtige Zukunftsaufgaben zu bewältigen. Um beim Klimaschutz zu bleiben: Ohne Förderung hätte der ganze Bereich gar nicht erst aufgebaut werden, denn Klimaschutz- und Wärmekonzeptes bis hin zur Einstellung von zwei Klimaschutzmanager*innen für zunächst drei Jahre – dies alles wurde und wird gefördert. Wenn es heute für uns fast selbstverständlich ist, unseren Eigenanteil für Förderprogramme darzustellen und diese damit überhaupt erst wieder beantragen dürfen, so erinnern wir uns alle an die Zeit, als wir wegen unserer Haushaltssituation von der Teilhabe an den Fördertöpfen ausgeschlossen waren. Dieser enorme Mehrwert für Oberhausen war für uns immer ein wichtiges Argument für den Stärkungspakt. Und so steht, wenn wir heute den Haushalt verabschieden, zuallererst diese Erfolgsgeschichte im Mittelpunkt: Oberhausen hat einen Wendepunkt erreicht! Nach einem Vierteljahrhundert wird der Haushalt im nächsten Jahr ausgeglichen sein! Die Prognosen sind eingetreten und unsere Hoffnungen haben sich erfüllt.  Als Grüne fühlen wir uns in der Arbeit der Koalition bestätigt, den Stärkungspakt des Landes als einmalige Chance zur Haushaltskonsolidierung anzunehmen. An dieser Stelle möchte ich dem Kämmerer, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei und der anderen beteiligten Ämter danken, die das umfangreiche Zahlenwerk für die Haushaltsberatungen wieder erstellt haben.
Mein Dank gilt jedoch auch jenen Bereichen in der Kernverwaltung und in den Beteiligungsgesellschaften, die das umfangreiche Maßnahmenpaket umsetzen.  

Drei weitere Punkte zum Haushalt möchte ich hier besonders hervorheben:

1. Wir wissen auch als Grüne, dass unser kommunaler Haushalt in den letzten Jahren mit schweren Belastungen für die Oberhausener Bürgerinnen und Bürger einherging. Wir haben das Sparpaket jedoch im Wissen darum mit verabschiedet, dass dies unser Beitrag ist, um die Situation in Oberhausen langfristig nachhaltig zu verbessern. Andererseits war und ist es jedoch auch eine große Chance, um - zugegebenermaßen nicht ganz freiwillig - wichtige Erneuerungsprozesse einzuleiten und längerfristige Ziele zu formulieren! Das Monitoring der Bezirksregierung hat dazu geführt, dass jene Kontrollinstrumente geschaffen wurden, die eine Risikoabschätzung ermöglichen. Am Ziel sind wir hier jedoch noch lange nicht. Hier dürfen wir mit unseren Forderungen den Bogen nicht überspannen, sehen uns jedoch in der Pflicht, die Anstrengungen insbesondere im Bereich der Organisations- und Personalentwicklung mit Blick auf eine fundierte Aufgabenkritik konstruktiv zu begleiten. Noch immer liegt kein Personalentwicklungskonzept vor. Mit dem Raumkonzept wird 2017 überhaupt erst angefangen. Es ist vermutlich zu einfach zu sagen, dass es doch eine Selbstverständlichkeit sollte, und doch kommt es einem genau dies in den Sinn. Hier scheinen beharrende Kräfte groß zu sein.

2.  Allerdings können wir bei allem Optimismus vor einer Tatsache nicht die Augen verschließen und müssen den Blick nach vorne auch mit einem Blick zurück verbinden. Eine ganze Generation wuchs in Oberhausen auf, die nichts anderes kennt als die mit Haushaltssicherung und Nothaushalt verbundene Stagnation sowie den Eindruck, dass an vielen Stellen gekürzt wird, Standards reduziert werden – kurz: Das städtische Angebot immer schlechter wird. Auch wir in der Politik haben uns damit arrangiert und uns vielleicht auch ein Stück weit daran gewöhnt haben, dass in der Vergangenheit lange Zeit alles bis auf die „freiwilligen Leistungen“ quasi „eingefroren“ war. Hier stehen wir nun vor der Aufgabe, die sich ankündigenden neuen Spielräume wahrzunehmen und damit konstruktiv zu arbeiten. Die Diskussion um die Zielvereinbarungen und Kennzahlen des Haushalts, die bei den diesjährigen Beratungen in den Ausschüssen an verschiedener Stelle durchschien und sich mit einem pilotprojektartigen Antrag der Koalition, vielen Dank an die SPD,  auch bereits mit einem ersten konkreten Arbeitsauftrag abzeichnet.

3. Auch bei der Befassung mit dem aktuellen Haushalt haben uns nun primär mit den Vorschlägen der Verwaltung beschäftigt, um jenes Defizit, dass sich nach dem Kraftakt der Aufnahme von Geflüchteten, Einbrüche bei der Gewerbesteuer und steigende Sozialkosten ergab, auszugleichen. Aus unserer Sicht liest sich der Verwaltungsvorschlag in der Koalition so, dass bei den Kindern gekürzt werden soll – Gebühren- und Beitragserhöhungen im Kita- und Bereich des Offenen Ganztags sowie ein Rückbau von Spielplätzen – das ist Haushaltskonsolidierung auf Lasten der Kinder. Und in diesem Falle gar, um im Gegenzug die Parkgebührenregelung am Kaisergarten lockern zu können. Dies können wir nur entschieden ablehnen und haben einen Vorschlag für eine Gegenfinanzierung vorgelegt.  

Seit gut einem Jahr haben wir mit Daniel Schranz einen neuen Oberbürgermeister. Souverän hat er im letzten Jahr dazu beigetragen, die Aufnahme der vielen geflüchteten Menschen in Oberhausen zu bewältigen. Hier hat er Präsenz gezeigt und ist persönlich im Dialog mit den Bürger*innen für unsere Willkommenskultur eingetreten. Respekt! Allerdings bleibt auch nach einem Jahr die entscheidende Frage, was aus seiner hehren inhaltlichen Vorstellung von einem Wechsel geworden ist. Was das Fehlen einer tragfähigen Gestaltungsmehrheit bedeutet, zeigen die wenigen Fälle eines fragwürdigen Minimalkonsenses der Opposition sowie die Beispiele, in denen der Oberbürgermeister nur Dank Unterstützung der Koalition eine Mehrheit fand. Nur in wenigen Abstimmungen war der Wunsch der Opposition, der Koalition eine Abstimmungsniederlage beizubringen, stärker als der inhaltliche Dissens. 
Was hat der Oberbürgermeister versprochen: Statt des von ihm propagierten, noch viel weitergehenden Stellenabbaus in der Stadtverwaltung noch nie so viele Stellen eingerichtet worden wie im letzten Jahr. Was er in der Opposition anprangerte, ist nun vergessen. Nach wie vor zeichnet sich kein Gestaltungsvermögen für die Entwicklung der Stadt ab. Und so zielt die Forderung "frische Luft reinlassen" bislang leider nicht auf die zeitgemäße Vereinbarkeit wirtschaftlicher Entwicklung mit Zukunftsfragen des Umweltschutzes, der Klimafolgenanpassung und städtebaulichen Qualität. Die Grünen ziehen daher ein gemischtes und kritisches Resümee, scheint doch der Oberbürgermeister seinem Selbstverständnis, eine Stimmung des Aufbruchs in der Stadt zu symbolisieren, noch nicht gerecht zu werden.  

Die Arbeit in der Koalition bietet uns hingegen den Rahmen, weiterhin gemeinsam deutliche Akzente zu setzen. Die Umfrage nach Randzeitenbetreuung hat den großen Bedarf – und die Not von Eltern – aufgezeigt. Hier besteht dringend Handlungsbedarf. Mit dem Arbeitskreis zum Bildungsplan ist ein Ergebnis unserer Auftaktveranstaltung zum Bildungsplan umgesetzt worden. Ausdrücklich begrüßen wir, dass nun mit der Verabschiedung die Verwaltung beauftragt wurde, ein zeitgemäßes IT-Konzept für alle Oberhausener Schulten zu entwickeln sowie Möglichkeiten für Neubau und Ertüchtigung von Schulen aufzuzeigen. In der Stadtentwicklung gehen wir mit den Projekten der Städtebauförderung, die inzwischen in allen drei Stadtteilzentren greifen, wichtige städtebauliche Erneuerungsprozesse zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität, energetischen Sanierung und Nahmobilität an. Auch der sogenannte Brückenschlag befindet sich bereits auf einem vielversprechenden Weg. Das qualitätsvolle Ergebnis des Architektenwettbewerbs für den Altstadtdachgarten zeigt, das Baukultur auch in Oberhausen geht. Dies macht Lust auf mehr! Es ist auch ein wunderbares Beispiel, das zeigt, was sich aus Kooperationen mit dem Fraunhofer-Institut UMSICHT, unserem Wissenschaftsstandort vor Ort erreichen lässt! Mit der Fortführung des Gestaltungsbeirats verstetigt sich dieser fruchtbare Austausch zur Stärkung der Baukultur in Oberhausen. Allerdings bleibt es bei unserer Forderung, hier auch das Immobilienmanagement stärker in die Pflicht zu nehmen und weiter zu qualifizieren. Weiterhin auf der Agenda steht ein Fortführen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen städtischer Einrichtungen und Töchter.
Mit der Erarbeitung des von uns schon lange geforderten Mobilitätskonzeptes, wobei schon in der Beauftragung ausdrücklich Qualitäten formuliert werden konnten, sind wir unserem Ziel einer nachhaltigen Mobilität einen großen Schritt näher gekommen. Formate wie das Stadtradeln, an dem Oberhausen nun bereits das zweite Mail teilnimmt, Angesichts des geplanten Ausbaus des Oberhausener Autobahnkreuzes werden wir Grüne uns weiter dafür einsetzten, dass dies nicht auf Kosten der Umwelt geht. Fraktionsübergreifend haben wir uns gegen eine Beteiligung der STEAG an Braunkohleaktivitäten ausgesprochen. Das jüngste Signal zur Stilllegung von fünf Kraftwerksblöcken im kommenden Jahr – Standort Voerde und Block 3 in Herne – ist ein richtiger und auch notwendiger weiterer Schritt zum Ausstieg aus der Kohleverstromung.  

Nach der gewaltigen Leistung unserer Stadtgesellschaft, die seit dem Sommer 2015 Geflüchtete mit offenen Armen aufgenommen hat, geht es jetzt nun um die Integration unserer neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Dabei geht es gar nicht darum, das Rad neu zu erfinden, sondern muss es um die Umsetzung der vielen tollen Sachen gehen, die es schon gibt! Auch bei Geflüchteten in SGB II darf Integration nicht aufhören! Hier benötigen wir niedrigschwellige Betreuung, wie z.B. Patenschaften. Wir haben uns für die Schaffung der Stelle einer Flüchtlingsbeauftragten eingesetzt und es zeigt sich immer mehr, wie wichtig dieser Aufgabenbereich ist. Wichtige Schritte wurden mit der Erarbeitung eines Gewaltschutzkonzeptes sowie der integrationskursbegleitenden Kinderbetreuung eingeleitet. Es ist eine große Leistung, dass 80 Prozent der Geflüchteten inzwischen in privatem Wohnraum untergebracht sind. Somit erhalten die Menschen ihre Selbstständigkeit und Selbstbestimmung zurück. Auf der anderen Seite müssen wir stark aufpassen, im Kontakt mit den Menschen zu bleiben und sie nicht im in unseren gesellschaftlichen Strukturen zu verlieren. Hier stehen wir vor der Aufgabe, Vereinsamung und Isolation zu verhindern. Für uns Grüne fehlt eine Begegnungsstätte, ein Ort, an dem sich Geflüchtete und Einheimische begegnen, sich kennenlernen und sich erleben. Von daher werden wir Grünen uns in 2017 für die Umsetzung einer Begegnungsstätte einsetzen.  

Es liegt noch viel vor uns. Heute haben wir jedoch zunächst über unseren nächsten Haushalt zu entscheiden und dieser beinhaltet die erfolgreiche Fortschreibung unseres Sanierungsplans. Die Grünen stimmen dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf 2017 zu.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

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Dr. Franziska Krumwiede-Steiner

Bundestagsabgeordnete für Oberhausen – Wesel III

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