Gender Mainstreaming in der Stadtplanung

Ein sperriger Begriff sei das. Die Rede ist von Gender Mainstreaming (siehe unten). So war an der einen oder anderen Stelle auf einem Workshop zu hören, zu dem die Oberhausener Stadtverwaltung am 3. Mai in den Ratssaal lud. Kommen konnten alle: ob Bürger*innen, Menschen aus Verwaltung und Politik. Vier Stunden lang setzen sich die Anwesenden damit auseinander, was Gender Mainstreaming für die Stadtplanung bedeute.

16.05.17 –

Ein sperriger Begriff sei das. Die Rede ist von Gender Mainstreaming (siehe unten). So war an der einen oder anderen Stelle auf einem Workshop zu hören, zu dem die Oberhausener Stadtverwaltung am 3. Mai in den Ratssaal lud. Kommen konnten alle: ob Bürger*innen, Menschen aus Verwaltung und Politik. Vier Stunden lang setzen sich die Anwesenden damit auseinander, was Gender Mainstreaming für die Stadtplanung bedeute.
Planungsdezernentin Sabine Lauxen – neben der Gleichstellungsbeauftragten Britta Costecki Gastgeberin – machte eingangs ihre Position klar, indem sie erklärte, dass „Gendermainstreaming eine Strategie zur Qualitätssteigerung der Stadtplanung sei“. Mit dieser Feststellung nahm Lauxen gleich dem Vorurteil die Luft aus den Segeln, dass Gender lediglich Frauen-Gedöns, gar feministische Attacke sei. Ganz im Gegenteil: Gender Mainstreaming ist eine Antidiskriminierungsstrategie, wie eine der insgesamt vier Referentinnen des Workshops, Uta Bauer vom Büro für integrierte Planung Berlin, herausstellte. Zu dieser Art Strategien zählen ebenso solche bekannten wie Integration und Inklusion oder auch - wie häufig in der privaten Wirtschaft angewendet - das sogenannte Diversity Management. Im Gegensatz zu diesen beachtet Gender Mainstreaming die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Damit ist es nicht mit Frauenförderung zu verwechseln, die weitestgehend korrigierend agiert; Gender Mainstreaming hingegen setzt auf Prävention, um Ungleichbehandlungen von Frauen und Männern in allen Bereichen zu verhindern.

Gender ist kein Selbstläufer

Uta Bauer wies jedoch darauf hin, dass „Gender kein Selbstläufer“ sei. Zu den typischen Hindernissen zählt sie, dass Gender in Planungen am ehesten gelingt, wenn kein Geschäftsmodell behindert. Was dies konkret für Oberhausen heißt, wurde unter anderem anschließend in einer der vier Kleingruppen diskutiert. Die Stadt könne es sich nicht erlauben, möglichen Investoren Auflagen zu machen, hieß es dort, denn so würden diese einfach das Weite suchen. Schade, doch die Schwierigkeiten der Steuerung sind nicht wegzureden. Als Problemansatz sehen die GRÜNEN daher für Oberhausen die Gründung einer kommunalen gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft. Daher stellte die Koalition aus SPD, GRÜNE und FDP im März dieses Jahr im Rat den Antrag, die Voraussetzungen für ein kommunales Wohnungsbauprogramm in Oberhausen zu prüfen.
Wenn die Stadt wieder in der Lage ist, selbst zu bauen, kann sie eine Vorbildfunktion einnehmen, indem sie in der Stadtplanung folgenden Fragenkatalog beachtet:

  • Für wen und welche Lebensphasen wird gebaut und geplant?
  • Wird die Versorgungsarbeit und die Vereinbarkeit mit der Erwerbsarbeit unterstützt?
  • Wie gerecht ist die Raumnutzung bei begrenzten Ressourcen (Zeit, Geld)?
  • Sind die Bedürfnisse an die Raumnutzung von Frauen und Männern in den jeweiligen Phasen berücksichtigt?
  • Sind beide Geschlechter an planungsrelevanten Entscheidungen beteiligt?

Als weiteres Hindernis beschrieb Uta Bauer die „schwierige Kommunikation von Gender“ und bemerkte, „einfach machen, ohne es zu nennen, ist in der Regel deutlich einfacher“. Dieses Vorgehen wurde auch von Teilen der Verwaltung als bereits umgesetzt erklärt. Wir GRÜNEN fragen uns indes, warum die Forderung und Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter immer wieder Abwehrverhalten hervorruft.

Als die GRÜNEN 2015 auf einer Bundesdelegiertenkonferenz die Nutzung des sogenannten Gender Stars * beschlossen, führte das zu einem belustigten bis diffamierenden medialen Echo. So entstand der Eindruck, dass sich GRÜNE mal wieder um ein „Nischenprodukt“ kümmern, anstatt die „echten Probleme“ anzugehen. Sich für eine geschlechterneutrale Sprache einzusetzen, ist aber sinnvoll, da Sprache und Denken direkt miteinander verknüpft sind. Wer sprachlich darauf achtet, die Geschlechter gleich zu behandeln, hat weniger Schwierigkeiten damit, auch so zu denken und somit zu handeln. Schließlich ist es vor allem in Deutschland noch immer ein großes Problem, dass die gleiche berufliche Leistung von Frauen und Männern zum Nachteil der Frauen ungleich entlohnt wird. Trotz dieses gravierenden Negativ-Beispiels hat sich aber in den letzten Jahren einiges zum Positiven gewandelt. Männer werden in ihrem Bedürfnis, ihr Vaterdasein auszuleben, ernst genommen; Frauen sind selbstverständlich erwerbstätig. Dadurch ergaben sich aber neue Lagen, die weiter angegangen werden müssen, wie eine sowohl quantitative als qualitative Steigerung der Kinderbetreuung, sodass Eltern in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt werden.

Gender in unterschiedlichen Lebensphasen

Der Workshop „Gender Mainstreaming in der Stadtplanung“ zeigte, dass Ungleichbehandlung der Geschlechter durch die Beachtung der unterschiedlichen Lebensphasen besonders fruchtet. Beispielsweise legen Männer mittleren Alters täglich durchschnittlich mehr Kilometer zurück als Frauen. So sind Frauen, auch wenn eine Angleichung der Mobilitätsmuster von Frauen und Männern zu verzeichnen ist, nahräumlich gebundener. Kurze Wege, angstfreies Gehen, Barrierefreiheit, faire Ampelschaltungen sind Planungskriterien auf Gendergrundlage.
Allein aufgrund der Lebenserwartung ist festzustellen, dass das „Alter weiblich ist“. Zudem verbringen Frauen diese Lebensphase häufig allein. Um soziale Kontakte herzustellen, trotz wohlmöglich körperlicher Eingeschränktheit, zeigt das positive Beispiel Frankfurt/Main im Stadtteil Nordend, dass das möglich ist. Hier gibt es barrierefreie Sitzrouten, die es ermöglichen, auf Wegen im Wohnumfeld sowohl zu ruhen als auch sich unangestrengt unterhalten zu können.

Nicht ohne Beteiligung

Eine gelungene Planung kommt ohne Beteiligung nicht aus. Die Landschaftsarchitektin Christine Wolf erzählte den Workshop-Teilnehmenden, wie es wichtig ist, die Beteiligten nicht zu fragen, wie sie sich beispielsweise eine Parkanlage wünschen, sondern, wofür sie diese nutzen wollen. Auch Uta Wolf verwies auf die Wichtigkeit von Beteiligung. Bürger*innenbeteiligung koste zwar Zeit und Geld, aber ihre Erfahrungen zeigen, dass beispielsweise Vandalismus ausbleibe, wenn die Leute vor Ort mitbestimmen und somit wertgeschätzt werden. Durch die 2016 im Rat beschlossenen Leitlinien der Bürger*innenbeteiligung in Oberhausen ist die Stadt nun auch formal auf dem richtigen Weg.

Gender Mainstreaming bedeutet, dass die Politik, dass aber auch Organisationen und Institutionen jegliche Maßnahmen, die sie ergreifen möchten, hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und von Männern untersuchen und bewerten sowie gegebenenfalls Maßnahmen zur Gleichstellung ergreifen. Das heißt, in allen Phasen der Planung, Durchführung und Auswertung von Maßnahmen müssen die unterschiedlichen Lebenslagen von Frauen und Männern und die Auswirkungen auf beide Geschlechter berücksichtigt werden. Eine treibende Kraft für die Umsetzung von Gender Mainstreaming stellt die EU dar, welche 1997 im Amsterdamer Vertrag Gender Mainstreaming offiziell als verbindliche Richtlinie für alle Mitgliedsstaaten zum Ziel der EU-Politik gemacht hat. In Deutschland wurde durch die Novellierung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien durch Kabinettsbeschluss vom 26. Juli 2000 ein wichtiger Schritt zur Verankerung von Gender Mainstreaming getan. Der § 2 GGO stellt alle Ressorts der Bundesregierung vor die Aufgabe, den Gender Mainstreaming-Ansatz bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bundesregierung zu berücksichtigen.

Quelle: www.bpb.de/gesellschaft/gender/gender-mainstreaming/

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