Rede anlässlich der Haushaltsverabschiedung 2022 in der Sitzung des Rates der Stadt Oberhausen am 13. Dezember 2021

- Es gilt das gesprochene Wort. – Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren. Zunächst muss auch ich auf die Corona-Pandemie eingehen. Standen wir noch vor einem Jahr hier, an dieser Stelle, hatten wir, zumindest ein Großteil der Menschen, die ich kenne, die Hoffnung, es könnte ein Ende absehbar sein. Leider ist dem nicht so – ganz im Gegenteil. Die Situation hat sich noch mehr verschärft. Und damit meine ich nicht nur die steigenden Ansteckungen. Nein! Eine Spaltung der Gesellschaft, die bereits 2015 fokussiert, und von Kräften in unserer Republik gefördert wurde, verfestigt sich immer mehr. Auf der einen Seite die Menschen, die geimpft sind und kein Verständnis mehr haben, dass Corona geleugnet wird.

13.12.21 –

- Es gilt das gesprochene Wort. -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

meine Damen und Herren.

 

Zunächst muss auch ich auf die Corona-Pandemie eingehen.

Standen wir noch vor einem Jahr hier, an dieser Stelle, hatten wir, zumindest ein Großteil der Menschen, die ich kenne, die Hoffnung, es könnte ein Ende absehbar sein.

Leider ist dem nicht so – ganz im Gegenteil. Die Situation hat sich noch mehr verschärft. Und damit meine ich nicht nur die steigenden Ansteckungen. Nein!

Eine Spaltung der Gesellschaft, die bereits 2015 fokussiert, und von Kräften in unserer Republik gefördert wurde, verfestigt sich immer mehr.

Auf der einen Seite die Menschen, die geimpft sind und kein Verständnis mehr haben, dass Corona geleugnet wird.

Auf der anderen Seite radikale Kräfte, die einen Teil der Ungeimpften vereinnahmen und die nicht mehr vor Gewalt zurückschrecken. Mit Entsetzen denke ich an die Bilder des Bundestages.

Aber es sind auch die persönlichen Grenzen, die überschritten werden.

Eine Gesundheitsministerin wird in ihrem Privatleben bedroht.

Kann mir einer hier im Saal erklären, was das mit Verständnis oder gar mit Freiheit zu tun hat?

Da wären wir an dem zweiten Punkt, der einer Spaltung dienlich ist.

Die vielbeschworene Freiheit!

Doch diese Freiheit wird auf Kosten der Solidarität immer wieder ausgespielt.

Was ist mit unseren vulnerablen Gruppen?

Was ist mit unseren Fachkräften im Gesundheitsbereich, in der Pflege und in der Bildung?

Haben diese Menschen nicht die Freiheit verdient zu sagen: ‚Ich kann nicht mehr! Ich will das nicht mehr!‘

Was ist mit den Kranken, die nicht an Corona erkrankt sind und deren lebenswichtige Operationen verschoben werden?

Haben diese Menschen nicht die Freiheit verdient zu sagen: ‚Ich will wieder gesund werden!‘

Was ist mit unseren Kindern? Haben sie nicht ein Recht auf die Freiheit ihre Freunde zu treffen und uneingeschränkt Bildung zu erhalten?

 

Die vielbeschworene Freiheit wird von so vielen Schultern getragen, muss getragen werden!

 

Ich würde mir wünschen, und da ist die Adventszeit vielleicht auch der beste Zeitpunkt, innezuhalten und darüber nachzudenken, was die Menschheit eigentlich auszeichnet.

Solidarisch sein. Sich unterstützen. Schwächere zu schützen und den eigenen Egoismus zur Seite zu stellen.

 

Nun zum Politischen, weswegen ich ja an erster Stelle hier stehe.

Und warum ich für die Grünen hier stehe.

 

Mittlerweile müsste es doch bei allen angekommen sein, dass wir mit oder auch ohne Pandemie in die nächste Krise stürzen. Ja stürzen.

Stürzen bedeutet mit Wucht hinfallen.

Und das tun wir bereits.

Wir stürzen in die Klimakrise.

Mit sehendem Auge.

Und keiner hält uns fest.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

 

mittlerweile komme ich mir wie eine hängengebliebene Schallplatte vor.

Wir Grünen haben - auch in diesem Jahr - immer wieder auf den dringenden Handlungsbedarf hingewiesen.

Wir müssen mit aller Kraft und mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, die Klimakrise eindämmen.

Daher werden wir weiter auf nachhaltige Maßnahmen in den Bereichen Umwelt und Verkehr insistieren.

Wir können doch nicht unsere Augen verschließen und auf Konzepte warten.

So wie das allseits erwähnte, aber nicht umgesetzte, nicht einmal vorgelegte Mobilitätskonzept.

Sobald wir Grünen nur einen Vorstoß in Richtung Mobilitätswende wagen, wird das Mobilitätskonzept genannt mit dem Totschlagargument: ‚Auf das müssen wir warten!‘
Als wäre dies ein Heilsversprechen und mit dem Erscheinen wären alle unsere Probleme gelöst.

Ganz im Gegenteil. Wie wollen Sie denn unseren Bürgerinnen und Bürgern erklären, dass man seit Jahren - ja seit Jahren - nicht handelt, sich aufs Warten ausruht?

Wir hätten längst beginnen können. Und wenn es nur im Kleinen ist, wie mit den Pop-up-Bike-Lanes.

Wir hätten längst in den Ausbau des ÖPNV investieren können.

Eine Fahrradinfrastruktur schaffen können, die alltagstauglich ist, die Stadtteile im Dreieck miteinander verbindet.

Den angepeilten Modalsplit ein Stück weiterbringen.

Denn wen vergessen Sie durch ihr Nichthandeln, durch ihr ständiges Verweisen auf ‚Wir müssen noch warten‘?

Richtig, die Menschen, die auf die Mobilitätswende angewiesen sind.

Menschen, die sich kein Auto leisten wollen oder können. Die aber, da der ÖPNV so unattraktiv ist, tagtäglich in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.

Menschen, die sich ökologisch und nachhaltig bewegen möchten.

Sind das immer noch zu wenige Wählerinnen und Wähler? So dass man ihrem Bedürfnis nicht nachkommen muss? 

 

Und dann noch die von Ihnen beschlossene Baumschutzsatzung, die den Namen Baumschutz gar nicht mehr verdient. 

Wir werden auch nächstes Jahr nicht müde, uns diesem Gegenwind entgegenzustellen und jeden Antrag auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz abwägen.

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister.

Sie haben Ihre Rede zur Haushaltseinbringung sehr persönlich begonnen.

Und als Sie so darüber sprachen:

 

„Ich liebe diese Stadt.

Ich habe hier eine Familie gegründet

und mich entschieden hier zu leben.“

 

Da habe ich gedacht:

Wow!

Wir sind doch gar nicht so weit auseinander!

Aber:

Und klar, jetzt muss das Aber kommen,

ansonsten wäre ich bei der CDU,

 

an irgendeiner Stelle sind Sie, aber auch die beiden Mehrheitsfraktionen nicht mit mir, mit uns Grünen abgebogen!

 

All ihre hervorgehobenen Projekte und angeblichen Erfolgsgeschichten - für uns ein Schlag ins Gesicht.

Denn von Nachhaltigkeit, echtem Klimaschutz und Zukunftsorientierung keine Spur.

Es geht immer noch um höher und weiter.

Der Central Park wirkt wie eine Flucht in eine schöne neue Welt.
Neues aufzubauen, ist per se nicht verkehrt, aber das Alte, also die alte Stadtmitte, und auch die anderen Stadtteilzentren dürfen keinesfalls hinten runterfallen.
Über die Marktstraße wird seit Jahren geredet. Die Protagonisten sind langsam von den Beteiligungsprozessen ermüdet, da nur geredet, zusammengetragen, aber viel zu wenig sichtbar wird.
Die Grünen werden nicht sprachlos zu sehen, wie teure Konzepte in Auftrag gegeben werden, die auch erstmal nur für die Schublade „Rosarote Zukunft“ sind, anstatt bereits vorliegende Ergebnisse umzusetzen.

Nur zwei Stichworte an dieser Stelle: Brückenschlag und das Grünstrukturenkonzept.

 

Letzte grüne Freiflächen, und davon haben wir wahrlich sehr wenige, sollen versiegelt und bebaut werden.

Zum Beispiel

Die Grabeländer oder am ehemaligen Osterfeld Hallenbad.

 

Immerhin haben wir unlängst dafür gestimmt, dass Oberhausen die geänderte Absichtserklärung des Europäischen Konvents der Bürgermeister unterschreibt.
Halten wir uns genau vor Augen, was da u.a. unterschrieben wurde.
Ich zitiere:

 

„Als Teilnehmer am Europäischen Konvent der Bürgermeister werden wir weiterhin
(1.) die Treibhausgasemissionen auf unserem Gebiet reduzieren,
(2.) die Resilienz erhöhen und uns auf die negativen Folgen des Klimawandels vorbereiten sowie (3.) Energiearmut bekämpfen als Schlüsselmaßnahme für eine gerechte Energiewende.“

 

Und ich zitiere weiter, nun die Science for Future:

„Nur wenn wir rasch und konsequent handeln, können wir die Erderwärmung begrenzen, das Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten aufhalten, die natürlichen Lebensgrundlagen bewahren und eine lebenswerte Zukunft für derzeit lebende und kommende Generationen gewinnen.“

Dieses Zitat, das mit vielen Zahlen unterfüttert werden kann, müssen wir uns auf die Fahne schreiben, auch in Oberhausen!

 

Das ist unser Ansporn im nächsten Jahr. Und auch Ihr Handeln und das der restlichen Verwaltungsspitze werden wir unter den genannten Aspekten beobachten und wir werden versuchen, sobald es nötig ist, es durch unser politisches Handeln zu korrigieren.

Für uns ist das letzte Jahr mal wieder ein verlorenes Jahr. Ein Versagen auf vielen Ebenen, das wir so nicht mit verantworten können und werden.

 

So verfallen zum Beispiel KIF-Mittel.

Infrastrukturelle Umstrukturierungen finden nicht statt.

Apelle, Bündnisse und Konzepte, ja sowas haben wir in Oberhausen.

Aber letztendlich sind das alles nur Worthülsen.

 

Von daher werden wir in diesem Jahr den Haushalt nicht mittragen können, da er zu wenig nachhaltig und umweltschützend ausgerichtet ist.

 

 

Noch eins zum Abschluss und ihrer glorreichen Personalpolitik:

Auch da haben wir mehr erwartet und Sie hätten in unseren Augen auch liefern müssen:

1. Wenn ich eine Stelle unter anderem mit dem Schwerpunkt Umwelt ausschreibe, dann besetze ich sie auch so.

2. Dass nun die Bürgerinnen dieser Stadt gar nicht mehr in der Verwaltungsspitze abgebildet werden, ihre Interessen und Bedürfnisse nur noch durch die männliche Brille gesteuert wird, ist völlig rückwärtsgewandt und ist für so eine liebenswerte Stadt beschämend.

 

Um es mit den Worten von Simone de Beauvoir zu sagen:

„Denn Frauen wollen nicht, dass man ihnen Freiheit und Gleichheit gewährt, sondern sie wollen sie erlangen. Das ist ganz und gar nicht dasselbe.“

Kategorie

Pressemitteilung

Dr. Franziska Krumwiede-Steiner

Bundestagsabgeordnete für Oberhausen – Wesel III

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