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06.06.18 –
Stickoxide verpesten die Innenstädte, die Straßen sind mit Autos verstopft und Menschen, die das Rad nutzen, träumen von besseren Bedingungen. Die Fahrradnutzung im Alltag stand daher auf dem Programm des Diskussionsabends, den die Grüne Ratsfraktion in Kooperation mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club NRW (ADFC) am 04. Juni in der Fabrik K14 ausrichtete.
Fraktionssprecher Andreas Blanke, der die Diskussion moderierte, setzte zu Beginn eine klare Linie: Oberhausen wird nicht umsonst als fahrradfreundliche Stadt bezeichnet, das betrifft aber insbesondere die Radwege, die in der Freizeit genutzt werden. Für die Umsetzung der notwendigen Mobilitätswende und des Modal-Splits, der 25 Prozent des Verkehrsaufkommens aufs Fahrrad umlegen will, heißt es nun, das Rad für Kurzstrecken und den Weg zur Arbeit attraktiv zu machen.
Eingangs fragte Blanke die auf dem Podium sitzende Planungsdezernentin Sabine Lauxen, warum es der Stadt Oberhausen nicht gelingt, dem ruhenden und rollenden Autoverkehr Flächen wegzunehmen, um eine komfortable und sichere Fahrradverkehrs-Infrastruktur zu schaffen. Lauxen relativierte und verwies auf Planungen, die die Optimierung des Radverkehrs einbeziehen. Hier nannte sie exemplarisch die etwa 30 neuen Raddetektoren, die Menschen auf dem Rad erkennen und für eine grüne Welle an ausgesuchten Punkten im Stadtgebiet sorgen. Sabine Lauxen räumte jedoch ein, dass sich zukünftig an vielen Stellen in der Stadt entschieden werden müsse, wem oder was der Vorrang eingeräumt wird. Deshalb benötige es die Stimmung ‚Ich will, dass Oberhausen fahrradfreundlicher wird!‘ Diese Stimmung muss aber erst einmal geschaffen werden.“
In die gleiche Richtung äußerte sich Norbert Axt, Grüner Stadtverordneter und Vorsitzender des Umweltausschusses. „Oberhausen ist mit einer Radnutzung von 8 Prozent noch weit entfernt von den angestrebten 25 Prozent. Oft ist es doch die Gewohnheit, dass man gefühlt schneller mit dem Auto sei als mit dem Rad“, stellte er fest. Daher müssen sich die Gewohnheiten ändern, denn: „Vieles, was politisch eigentlich gewollt ist, scheitert an solchen Gewohnheiten.“
Ursula Augenstein, stellvertretende Vorsitzendes des ADFC NRW, hielt fest, dass der Radverkehr für den Alltag komfortabel und sicher sein muss, denn das Potenzial von 60 Prozent in der Bevölkerung, die Rad fahren würden, kann nur so genutzt werden. Viele hätten Angst, vor allem wenn sie schlechte Erfahrungen machen, indem sie gefährdet wurden, und stiegen dann einfach nicht mehr aufs Rad. Das sei besonders bedauernswert, weil das Ruhrgebiet durch seine kurzen Wege ideale Bedingungen biete.
Verkehrswachstum bewältigen
Der Vierte auf dem Podium, Martin Tönnes, Planungsdezernent des Regionalverbands Ruhr (RVR), sagte, dass nach der „wahnsinnigen technischen Entwicklung der letzten Jahre, wie bei den Pedelecs, das jetzt genauso für die Infrastruktur erfolgen muss. Das Verkehrswachstum kann nicht aufgehalten werden. Wir müssen uns daher fragen, wie wir es bewältigen. Da die Straßen voll sind, muss das Rad priorisiert werden. Wir brauchen das Fahrrad als vollwertigen Verkehrsträger!“ Die Niederlande machen vor, wie es geht. Aber: Die Niederlande hörten auch nie auf, Radwege zu bauen. Deutschland hingegen konzentrierte sich die letzten 40 Jahre aufs Auto. Daher, so Tönnes, sei es gut, dass sich endlich auch der Bund, der sich sonst nie für Radförderung zuständig sah, nun 25 Millionen Euro bundesweit investiere. Das sei zwar nicht übermäßig viel, aber die Notwendigkeit der Mobilitätswende sei als Nachricht angekommen.
Auch das Publikum meldete sich zu Wort. Lothar Ebbers von Pro Bahn prangerte für Radfahrer gefährliche Knotenpunkte wie am Sterkrader Hallenbad an. Dort bräuchte man sieben Minuten auf dem Rad, um die Kreuzung zu nehmen. „Werden diese Punkte nicht aufgelöst, wird das Alltagsradeln sich nicht durchsetzen“, stellte Ebbers fest. Norbert Axt entgegnete, dass es für besagten Freitaler Platz eine Verkehrsführungsplanung gäbe. Die koste allerdings so viel, dass sie nicht umgesetzt sei.
Radwegparken ist gefährlich
Burkhardt Schmidt vom ADFC äußerte sich, indem er ordnungspolitische Maßnahmen für Sicherheitsprobleme forderte. Hier ärgere er sich speziell über Radwegparker. Sabine Lauxen regte in diesem Zusammenhang eine Offensive an, die gibt es unter anderem für Sauberkeit und Sicherheit. „Warum nicht fürs Fahrrad?“
Die Anwesenden waren sich über die Notwendigkeit sicherer Radabstellmöglichkeiten einig. Das Radschloss, eine vom VRR finanzierte sichere Abstellanlage am Sterkrader Bahnhof, so Lauxen, sei eine schöne Sache, aber würde bei weitem nicht ausreichen, damit die Menschen ihr Rad die oft beschriebene Kellertreppe nicht mehr hoch schleppen müssten.
Der letzte Themenblock, der über zweistündigen Diskussion, widmete sich dem Ausbau des Radwegenetzes, das auch Schnellwege vorsieht. Martin Tönnes, der als Planungsdezernent de RVR damit betraut ist, referierte knapp über alle wichtigen Rahmendaten. Oberhausen hat das Potenzial für einen Radschnellweg, da dieser täglich von 2000 Menschen genutzt werden muss. Der RVR erarbeitete eine Art Bedarfsplan für die ganze Region, die 53 Städte umschließt und für die insgesamt 360 Kilometer Radwege entstehen soll. Oberhausen stellt dabei sozusagen eine Drehscheibe für vier Radschnellwege dar. Für dieses Jahrzehnte-Projekt benötige der RVR den Auftrag des Rates. Anfang nächsten Jahres ist daraufhin der Beschluss der Verbandsversammlung Ruhr nötig, um mit Land und Bund über die Umsetzung, somit Finanzierung zu reden. Letztlich übernimmt dann Straßen.NRW Planung sowie Bau.
Was die zwei zurzeit viel diskutierten Verläufe des Radschnellweges nach Mülheim über den Hiberniadamm oder über Lothringer- und Heidestraße anbelangt, machte Norbert Axt auf das diffizile Unterfangen aufmerksam. So ein Radschnellweg bedürfe gewissen Anforderungen, was zum Beispiel die Erreichbarkeit des Schnellweges oder die Breite von insgesamt sechs Metern beträfe. Deshalb will Axt sich politisch noch nicht festlegen, indem er eine Variante präferiere, sondern die anvisierte Machbarkeitsstudie abwarten. Dieser Position schloss sich Ursula Augenstein an. Für sie sei vorrangig, dass überhaupt gebaut wird.
Keinerlei Widerspruch kam sowohl aus dem Publikum als auch vom Podium als die Forderung nach Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und allen möglichen Interessensgruppen laut wurde. Dazu gesellte sich der Vorschlag, das in absehbarer Zukunft zu erstellende Mobilitätskonzept auf die Füße eines zuvor regen und breit angelegten Dialoges zu stellen. Text & Foto: (st)
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