Haushaltsrede 2016 von Fraktionssprecherin Regina Wittmann (Ratssitzung, 16.11.2015)

17.11.15 –

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen Stadtverordnete,
liebe Oberhausenerinnen und Oberhausener!

Auch am dritten Tag nach den schrecklichen Anschlägen in Paris sind wir tief betroffen und fassungslos. Wir sind schockiert und wütend über den Terror, wir empfinden tiefe Trauer über die vielen Toten und Verletzten. Unsere Gedanken sind bei den Opfern, bei ihren Familien und Freunden.

Sie wurden ganz zufällig Opfer dieser Taten. Sie wurden zur Zielscheibe, weil sie ein normales, selbstbestimmtes Leben in einem freien und demokratischen Europa lebten. Die Orte der Anschläge werden die meisten von uns auch ganz persönlich berührt haben, Paris ist vielen ein vertrauter Ort, der uns nah ist.

Und gleichzeitig treffen uns diese Anschläge auch hier zuhause in Oberhausen, richten sie sich doch gegen alle, die in einer offenen, freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft leben. Damit sind wir nun ebenfalls gefragt, denn der Hass der Terroristen darf uns nicht dazu bringen, dass wir uns mühsam errungene Freiheitsrechte nun selbst nehmen.

Es gibt eine wichtige weitere Botschaft, die wir mit vielen teilen: Die Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, fliehen eben vor jenen Terroristen, die nun in Paris auf ein Neues ihr unmenschliches Gesicht gezeigt haben. Unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt auch den vielen Opfern von Terror und Hass, die weltweit Gewalt und Verfolgung ausgesetzt sind.

Die schrecklichen Anschläge von Paris werden auch hierzulande zum Anlass genommen, Angst, Misstrauen und Hass gegen Flüchtlinge zu säen. Das ist widerlich! Reaktionen wie „Keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung mehr zulassen!“ oder „Nun die Grenzen dichtmachen!“ überraschen nicht, sind aber dennoch völlig unangemessen. Wir dürfen uns unsere offene und demokratische Gesellschaft nicht nehmen lassen! Weder von Islamisten noch von rechten Hetzern!

Dass dafür in Oberhausen kein Platz ist, zeigt das breit getragene gemeinsame Engagement gegen Rechts. Mut machen hierzu auch die Gedenkveranstaltungen der letzten Woche. Das Gedenken an die Reichsprogromnacht am 9. November haben Oberhausener Schülerinnen und Schüler mit Beiträgen von hoher Aktualität mitgestaltet. Am gestrigen Volkstrauertag hat der Vortrag von Prof. Wolf-Dieter Just eindringlich auf das unmissverständlich festgeschriebene europäische Solidarverständnis und die daraus resultierende Verantwortung hingewiesen.

Die Welt, in der wir leben, scheint in den letzten Jahren gefühlt näher zu rücken. Reisen bringen uns innerhalb von Stunden in die Türkei, nach Nordafrika oder in den Süden Europas. Vielfach haben wir z.B. durch einen Migrationshintergrund enge persönliche Bezüge in besonders von Flucht oder Zuwanderung betroffene Länder. Bei Google Maps ist ein Blick auf die Balkan-Route, auf die Insel Lampedusa oder die Altstadt von Aleppo nur einen Mausklick entfernt. Und als werde die brutale Wirklichkeit für einen Moment ungeschehen, zeigen die Momentaufnahmen noch nicht die Schreckensbilder aktueller Satellitenaufnahmen, sondern vielfach noch die „heile Welt“ vor der weiterhin andauernden Zerstörung.

Deutschland steht mit in der Verantwortung, den Ursachen für die Flucht etwas entgegenzusetzen - und eben nicht mit Zäunen. Auf lokaler Ebene fordert uns jedoch zuallererst der Zuzug der Geflüchteten, denn dieses Bild der „Welt, die näher rückt“ hat auch eine andere Seite. Wir erleben, dass wir für viele, die fliehen mussten - für jene, die es in die „Festung Europa“ schafften - zum Ziel geworden sind.

Wären wir vor einem Jahr gefragt worden, etwa 2.000 Menschen, die auf der Flucht sind, in Oberhausen aufzunehmen, wir hätten uns dies angesichts unserer sonstigen realen und gefühlten Problemlagen vermutlich nur schwer vorstellen können. Nun hat es uns überrascht und herausgefordert. Unsere Stadtgesellschaft hat Erstaunliches geleistet, als es hier vor Ort darum ging, jenes Recht auf Asyl mit Leben zu füllen, das im Grundgesetz - wenngleich inzwischen stark geschwächt – fest und ohne Quotierung verankert ist und dem auch vor dem Hintergrund unserer jüngeren Geschichte ein besonderer Wert zukommt.

Für möglich halten wir es vermutlich noch immer nicht so wirklich, so groß ist die Herausforderung, so sehr verlässt es den Rahmen der gängigen Szenarien, die wir in unserer durchkalkulierten Welt als Möglichkeiten in Betracht gezogen habe. So viel muss noch gelöst und oder überhaupt erst einmal angedacht werden. Doch schon jetzt ist klar:

Oberhausen wird sich durch diese Zuwanderung verändern. Diese Veränderung hat schon damit begonnen, dass wir in den letzten Monaten ein ganz kostbares Gut erfahren durften: das große ehrenamtliche Engagement, die große Solidarität und das engagierte Handeln vieler Bürgerinnen und Bürger!

Die ZEIT schreibt dazu: „Der größte Feind des islamischen Terrors ist eine Willkommenskultur“. Auch in Oberhausen setzen wir dem unsere Willkommenskultur entgegen. Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung gegenüber den bei uns ankommenden Flüchtlingen bleibt bei uns weiterhin ungebrochen. Und gerne möchte ich diese Gelegenheit nutzen, auch von Seiten der Grünen Ratsfraktion einen unendlich großen Dank an all die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern auszusprechen, die sich mit enormem persönlichen Einsatz bei der Aufnahme, Versorgung und Integration der Geflüchteten einbringen.

Wichtig ist jetzt, die Koordination der Ehrenamtlichen und die Arbeit der Flüchtlingsinitiativen zu unterstützen. Hierzu werden wir heute die Stelle einer Flüchtlingsbeauftragten einrichten. Diese Aufgabe ist aus unserer Sicht von akuter Dringlichkeit und liegt uns Grünen sehr am Herzen. Wir freuen wir uns daher, dass sich Verwaltung, Integrationsrat und Politik nun gemeinsam dafür einsetzen. Ein fraktionsübergreifend getragener Antrag zur Einführung der Gesundheitskarte war ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung weniger Stigmatisierung und mehr Gleichbehandlung und Akzeptanz.

Mit diesen beiden Maßnahmen aus dem Bereich der Flüchtlingsarbeit sind wir bei dem Thema Haushalt angekommen: Was können und wollen wir uns 2016 leisten? In der Flüchtlingsarbeit gilt der Fokus über die akute Dringlichkeit hinaus nun der Verstetigung und langfristigen Perspektive. Dahinter steht der folgende Gedanke: Lasst uns Zuwanderung als Chance und nicht als Krise sehen!

Zuwanderung bietet eine Chance, wenn wir es schaffen, die für eine schnelle Integration erforderlichen Aufgaben dezernatsübergreifend anzugehen, dies mit den in vielen Bereichen bereits laufenden Erneuerungsprozessen in Einklang zu bringen und im Positiven zu nutzen.

Wie kann dies aussehen? Hier das Beispiel „Wohnen“: Es gilt den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln – integriert in die städtischen Quartiere und nicht auf der grünen Wiese. Brach liegt noch viel Potenzial in der nachhaltigen Entwicklung leerstehender Bauten. Dies geht allerdings nicht ohne tragfähige Gesamtkonzepte und daher ist bei Objekten wie z.B. der Hauptpost kein „Schnellschuss“ angesagt! Schnell gilt es nun jedoch zu klären, welche Instrumente wir dazu brauchen und mit der Erarbeitung von Konzepten für ganz konkrete Projekte zu beginnen.

Zuwanderung in eine offene Stadtgesellschaft bietet Chancen, wenn wir bei diesen Prozessen unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht aus dem Blick verlieren: Wie nehmen wir jene mit, für die Veränderungen und interkulturelles Miteinander eine Herausforderung darstellen? Auch dazu bedarf es Zeit und der Begleitung, wenn wir dabei niemanden abhängen wollen.

Es ist offensichtlich, dass Oberhausen die Integration von Flüchtlingen nur mit angemessener Unterstützung von Land und Bund stemmen kann! Doch wird schon jetzt deutlich, dass die bisherigen Mittelzusagen bei weitem nicht ausreichen. Mit Blick auf die laufende Haushaltskonsolidierung darf der Stärkungspakt und damit die feinjustierten Vereinbarungen mit dem Land nicht gefährdet werden.

Die große Aufgabe der Flüchtlingsarbeit lässt sich nur gemeinsam stemmen, und wo die Politik gefragt war, haben wir fraktionsübergreifend gemeinsame Lösungen gefunden. Dieser Ansatz lässt sich nun nicht auf die gesamte Ratsarbeit übertragen, wohl jedoch auf die Arbeit der Koalition: Wir Grüne haben mit unseren Koalitionspartnern SPD und FDP eine produktive und verlässliche Zusammenarbeit etabliert, in der wir unsere grüne Perspektive einbringen und im gemeinsamen Ergebnis auch wiederfinden.

Die Ergebnisse unserer Koalitionsarbeit sprechen für sich:

Haushalt Heute stimmen wir zumindest von Seiten der Koalition dem Haushalt 2016 zu. An dieser Stelle darf eines nicht ausbleiben, der herzliche Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kämmerei für die Erarbeitung und Aufbereitung dieses Zahlenwerks!

Mit dem Haushalt 2016 bleiben wir auf Erfolgskurs! Die Zahlenreihen halten! Wenn wir diesen Konsolidierungskurs fortsetzen, Mit dem Haushalt 2016 bleiben wir auf Erfolgskurs! Die Zahlenreihen halten! Wenn wir diesen Konsolidierungskurs fortsetzen, legen wir mit der Verabschiedung des Haushalts 2017 die Grundlage für einen ausgeglichenen Haushalt! Damit ist eine ganz wesentliche Grundlage für eine tragfähige Zukunft unseres kommunalen Gemeinwesens zum Greifen nahe. Lassen Sie uns dies nicht gefährden.

WIR – und damit meine ich die Koalition - denken nicht daran, diese Stadt vor die Wand zu fahren! Aber genau das würde passieren, wenn dieser Haushalt nicht mit Mehrheit verabschiedet würde. Wir sind daher gespannt auf die Positionierung der CDU: Wird sie sich enthalten und sich mit diesem strategischen Stimmverhalten im Sinne von „die Koalition wird es schon richten“ einen schlanken Fuß machen? Wir gehen davon aus, dass zumindest der Oberbürgermeister mit uns stimmt, er hat ja die Vorlage unterschrieben. Zumindest so wäre die Grundlage für einen in fünfter Folge genehmigten Haushalt gegeben.

Diese positive Haushaltsentwicklung haben sich die Oberhausenerinnen und Oberhausener mit Sparmaßnahmen teuer erkauft. Dafür zeigt sich nun aber auch immer deutlicher, wie sehr sich dies im Besonderen mit Blick auf die Förderoptionen auszahlt:

Umwelt Mit der Einrichtung eines eigenen Fachbereichs „Klimaschutz“ wird endlich dieser zentralen Zukunftsaufgabe angemessen Rechnung getragen. Die Minderung des gesamtstädtischen CO2-Ausstoßes ist dabei u.a. ein wichtiger Beitrag, den wir Kommunen leisten können, um an anderer Stelle Klimakatastrophen und daraus resultierender Flucht entgegenzuwirken.

Eine erste Klimaschutzsiedlung in Schmachtendorf sowie die Ausweisung einer weiteren in Osterfeld sind wichtige Referenzobjekte für klimagerechtes Wohnen, die den Geldbeutel langfristig entlasten. Fortschritte zeigen auch die Themen Nahwärmeinseln und Kraft-Wärme-Kopplung im Bereich der erneuerbaren Energien. „Urban Gardening“-Projekte greifen auch in Oberhausen. Bei der Elektromobilität sind sowohl die Stadtverwaltung als auch die STOAG Vorreiter.

Aus dem intensiven Dialog mit dem Umweltbereich mit der renommierten wissenschaftlichen Einrichtung Fraunhofer Umsicht sind inzwischen eine Reihe erfolgreicher Kooperationen hervorgegangen, darunter das Premiumprojekt „Dachgewächshaus“. Sie lassen die Möglichkeiten dieser Zusammenarbeit lokal unmittelbar spüren.

Planung Mit den Integrierten Handlungskonzepten für Sterkrade und Osterfeld können endlich langersehnte Maßnahmen mit Mitteln der Städtebauförderung angegangen werden. In Osterfeld können 22 Millionen, in Sterkrade weitere 10 Millionen beantragt werden. Sie liegen vor als offene, fortzuschreibende Strategiekonzepte, die Raum für Beteiligung lassen und gleichzeitig Grundlage für weitere Anträge im Sinne der integrierten Stadtentwicklung sind. Diese vor dem Hintergrund der Einschränkungen der Nothaushaltsjahre geradezu unvorstellbar erscheinenden Entwicklungsimpulse werden damit nun schon greifbar - vorbehaltlich der Zustimmung in dieser Ratssitzung.

Der Abriss von HDO und Gartendom konnte verhindert werden! Auch für das Lyzeum gibt es endlich eine Nutzungsperspektive! Dies zeigt, dass eine qualitätsvolle Nachnutzung im Bestand möglich ist. Angesichts der vielversprechenden Nutzungskonzepte zeigt sich, dass hierfür Geduld erforderlich ist. Letztendlich zahlt sich dies jedoch aus!

Mit dem Gestaltungsbeirat haben wir ein wichtiges Instrument geschaffen, um die städtebauliche und architektonische Qualität in Oberhausen zu fördern. Bereits in der Findungsphase zeigen sich positive Effekte!

JugendMit dem Jugendzentrum in Alt-Oberhausen, das bald eröffnet wird, und konkreten Projekten der Städtebauförderung in Osterfeld und Sterkrade werden wir bald in allen drei Stadtteilen feste Anlaufstellen für die freie Jugendarbeit haben.

Gesundheit Am hervorragenden Beispiel der Melanchthonschule zeigt sich, wie die Ernährungssituation an Oberhausener Schulen eklatant verbessert werden kann.

Gleichstellung Mit der Bestätigung der Flüchtlingsunterkunft Helmholtzstraße als Flüchtlingsfrauenhaus konnte ein dringend benötigtes Profilangebot gesichert werden.

BürgerInnenbeteiligung Aus anderen Projekten ziehen wir unsere Lehren: Im März 2014 hat die Region auf Oberhausen geschaut und wir haben mit dem Bürgerentscheid zur Weiterführung der Linie 105 nach Oberhausen eine bittere Niederlage erfahren müssen. Die Chance, diese strategisch wichtige Lücke zu schließen, ist damit für den Moment leider vertan. Was bleibt, ist die Lücke. Hier werden wir uns weiter dafür einsetzen, dass Oberhausen nicht abgehängt wird: Gegen Kirchturmdenken und für die regionale Perspektive, die mit guter Mobilität für den Wohnort Oberhausen eben auch eine wichtige wirtschaftliche Perspektive beinhaltet.

Auch wenn die Oberbürgermeisterwahl nicht zu dem Ergebnis geführt hat, für das sich die Koalition gemeinsam eingesetzt hatte, wird sie weiter Bestand haben. Sie wird weiter Bestand haben, weil sie mit ihrem Koalitionsvertrag ein sehr gutes, inhaltliches Fundament formuliert hat, das Basis für die gemeinsame Arbeit ist. Unser Programm steht, es wird nun nicht einfacher, doch stehen wir auch nach der Oberbürgermeisterwahl für klare Inhalte und ihre Umsetzung.

An Inhalten werden wir weiterhin auch bewerten, ob es Zustimmung oder Ablehnung zu Vorschlägen der Opposition und des OB gibt. Diese Grundlage für unsere Zusammenarbeit ist transparent für alle Bürgerinnen und Bürger.

Der neue Oberbürgermeister hat keine Mehrheit. Angesichts der in vielen Punkten uneinigen Opposition sehen wir diese Perspektive weder als verlässliche Basis noch als inhaltliche Plattform. Neben der Ampel gibt keine weitere Koalition mit einem Programm und Garant für eine verlässliche Zusammenarbeit. Den Appell an „alle Gruppen/Fraktionen, Gemeinsamkeiten über Parteigrenzen hinweg zu vernünftigen Lösungen zu nutzen“ verstehen wir hier zunächst unter strategischen Beweggründen. Soll das der großangekündigte Wechsel sein?

Der Wahlkampf hat Schaden angerichtet. Das einseitige „Plattmachen“ ohne außer der Worthülse „Wechsel“ eine Perspektive anzubieten, mag nun zum gewünschten politischen Wahlerfolg geführt haben, aber wir fragen uns dabei doch, welchen Preis die CDU dafür gezahlt hat. Den der eigenen Glaubwürdigkeit? Den des Vertrauensverlusts von nicht unerheblichen Teilen der Bevölkerung in eine abgewogene politische Interessensabwägung? Hier ist viel Vertrauen verlorengegangen.

Wir sind sehr gespannt, ob die CDU zu einer neuen Rolle finden will. Wird sie weiterhin Blockaden und Polarisierung in den Vordergrund stellen und dies in gepflegte, gebetsmühlenartig wiederholte Rhetorik verpacken? Als reine Machstrategie ist dies bei allen negativen Begleiterscheinungen nachvollziehbar, aber Inhalte werden so nicht sichtbar.

Ich hoffe sehr, dass die Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion nach der Fundamentalopposition der letzten Jahre zu einem konstruktiven Dialog zurückfinden, hier mag die reine Kraft des Faktischen noch für Bewegung sorgen. Wir erwarten Konstruktives von der CDU und den Oppositionsparteien für 2016! Ja, es geht um die gemeinsame Verantwortung aller! Aber dies geht nicht ohne eine faire Auseinandersetzung um Inhalte.

Herr Oberbürgermeister Schranz, Sie haben in Ihrer Antrittsrede angekündigt, Sie wollen keinen Dauerwahlkampf und wollen mehr zuhören: Vielleicht haben Sie dadurch ein Ohr bei der CDU für „vernünftige, realitätsbezogene“ Problemlösungsstrategien.

Bei der BürgerInnenbeteiligung nehmen wir Sie beim Wort, wenn Sie sagen, dass Sie dem Projekt zum Erfolg verhelfen wollen und dies zur Chefsache machen. Wenn Sie einen Bürgerinnen- und Bürgerrat als Spiegel einrichten wollen, stehen Sie auch hier vor der kniffligen Frage, wer sich dazu berufen fühlen mag, und wie repräsentativ dies sein soll oder darf. Und uns würde interessieren, was Sie unter dem bisher geradezu inflationär verwendeten, bislang jedoch nicht mit Inhalt gefüllten Begriff „Transparenz“ eigentlich genau verstehen.

Bei der Wirtschaftsförderung für das Standbein „produzierendes Gewerbe“ wollen Sie vorhandene Flächen zur Verfügung stellen. Hier ist es allerdings noch wie bei der Bordelldiskussion? Wo finden Sie diese Flächen? Und welche Priorität kommt Ihrer Ansicht dabei Fragen der Verträglichkeit mit anderen Nutzungen sowie Fragen der Erschließung und der Emissionen zu. Die Oberhausener Grünen haben sich nie gegen Industrie oder produzierendes Gewerbe ausgesprochen, sondern unterstreichen ihre Bedeutung für die lokale und regionale Wirtschaft - wenn wir dies als integrierten Prozess zur Schaffung einer Langfristperspektive für produzierendes Gewerbe angehen. Doch gibt es gleichzeitig kaum eine Branche, die schwieriger in die ruhrgebietstypischen Nahtlagen einzupassen ist, wie diese. Hier werden uns Schnellschüsse, ohne integriertes Gesamtkonzept schnell auf die Beine fallen.

Für die Gleichstellung macht das Signal, das vom jüngst vorgestellten Kabinett in Canada ausgeht, Mut und hier zitiere ich gerne den neuen Premierminister: „Because it’s 2015!“ Dieses positive Beispiel animiert umso mehr, nun auch interessiert auf Ihre Personalpolitik zu schauen, Sie haben ja nun gewisse Spielräume: Wie sehr ist es wohl auch in Oberhausen „2015“? Die ersten drei Personalentscheidungen lassen diesen Aspekt noch vermissen.

Für die Arbeit in der nächsten Zeit haben wir Grüne in der Koalition klare Ziele: wir werden den Bildungsplan begleiten, Projekte der Städtebauförderung unterstützen und verstetigen sowie den geplanten „Brückenschlag“ vom Bereich um den Hauptbahnhof nach Lirich unterstützen, in der Gleichstellungsarbeit mit dem Gender Mainstreaming und Gender Budgeting weiter dicke Bretter bohren sowie uns dafür einsetzen, einen integrierten Ansatz für eine Langfristperspektive in der Flüchtlingsarbeit zu etablieren, u.a. mit den Schwerpunkten Sozialer Wohnungsbau und Arbeit.

Und damit bin ich wieder am Anfang. Uns wird bewusst, dass wir in aller Sicherheit, die wir hier erfahren, Teil globaler Zusammenhänge sind. Angesichts der Not ermöglicht uns dies vielleicht auch eine andere Bewertung unserer eigenen Nöte vor Ort und vielleicht animiert es uns sogar dazu, stärker auch einmal hier das viele Positive zu sehen - in Oberhausen, das nun vielen eine (neue) Heimat und Perspektive bietet.

Einen Punkt sehen wir im Besonderen positiv: Wir sehen uns bestätigt in unserer Ansage der letzten Jahre, dass Oberhausen es packt, den Haushalt mit Unterstützung des Landes und großen eigenen Anstrengungen zu sanieren! Oberhausen packt es, nach vorne zu schauen und die Möglichkeiten für eine Erneuerung zu nutzen! Und Oberhausen packt es, den neuen Oberhausenerinnen und Oberhausenern ein sicheres Zuhause zu geben! Lassen Sie uns gemeinsam dafür einsetzen!

Heute haben wir über unseren nächsten Haushalt zu entscheiden. Er beinhaltet die Fortschreibung eines ambitionierten Sparpakets. Dem stimmen wir zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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